Odsjek za germanistiku Filozofski fakultet Sveuilite u Zagrebu
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Zagreber Germanistische Beiträge - Nr. 1 - Inhalt / Sadržaj Ispis

DIE EDITION UND REZEPTION GEORG BÜCHNERS DURCH KARL EMIL FRANZOS
Dietmar GOLTSCHNIGG (Universität Graz)

Die resümierende Würdigung der Edition und Rezeption Georg Büchners durch Karl Emil Franzos beruht auf neueren Forschungsergebnissen (namentlich von Jan-Christoph Hausschild, Thomas Michael Mayer, Henri Poschmann und Gerhard Schmid). Unbeschadet gravierender Mängel bei der Manuskript- entzifferung und der Textpräsentation (insbesondere des Woyzeck-Fragments) und unbeschadet der ideologisierenden (nationalliberalen und sozialdarwinistischen) Herausgeber­kommentare erweist sich die von Franzos besorgte erste Gesamtausgabe (1879/80) als ausschlaggebend für den bald darauf ein- setzenden, spektakulären Aufschwung der Büchner-Rezeption, deren Intensität das ganze 20. Jahrhundert hindurch bis heute unvermindert anhält.


ZUR TYPOLOGIE DES ÄSTHETISCHEN DENKENS SEIT DER JAHRHUNDERTWENDE
Viktor ŽMEGAČ (Universität Zagreb)

Zu der Substanz der allgemeinen Kunsttheorie seit dem 18. Jahrhundert gehört der verschiedene Formen annehmende Gegensatz von Naturnähe und Naturferne. Den Ausgangspunkt der Betrachtung im vorliegenden Aufsatz bildet ein - bislang wenig beachteter - Artikel Goethes über die künstlerische Bedeutung der italienischen Theaterpraxis, weibliche Rollen von Männern darstellen zu lassen. Die Kontinuität antinaturalistischer Ästhetik läßt bei Goethe ferner der Dialogessay Über Wahrheit und Wahrscheinlichkeit erkennen, der sich bezeichnenderweise für ein autonomes Verständnis der Oper einsetzt. Von da aus führt der Weg zu Nietzsches Lob des Klassizismus nach dem Muster Racines und Voltaires, und im 20. Jahrhundert zu einer Poetik ironischer und spielerischer Distanz, etwa mit den Mitteln der Verfremdung. Im Gegensatz dazu steht die Ästhetik schockartiger Wirkungen, wie sie namentlich von manchen Expressionisten, von Kafka und Karl Kraus vertreten wird. Eine kontextuale Deutung einiger kunsttheoretischer Aphorismen aus Pro domo et mundo weist auf die Antinomien hin, die infolge der Verbindung naturalistischer Verfahren und verfremdender Züge der Schockästhetik eigen sind.


WARUM WAR THOMAS MANN KEIN DRAMATIKER? ÜBERLEGUNGEN IM UMKREIS VON FIORENZA
Hermann KURZKE (Universität Mainz)

Der Aufsatz vertritt die These, dass Thomas Mann Lyrik und Drama in der Regel als zu unmittelbar, zu pathetisch und bekenntnishaft ablehnt, während allein das Epische Distanz und Ironie ermöglicht. Sein einziges Drama Fiorenza scheitert am Direkten und Pathetischen. Das Bedürfnis nach Distanz und Ironie ergab sich aus der biographischen Situation. Im Gegensatz zu seinem Bruder Heinrich, der ohne Scheu theatralisch und pathetisch schrieb, fühlte sich Thomas Mann, weil er seine erotische Veranlagung zu verheimlichen hatte, zu einer ständigen Verdrängung genötigt, die ihm alles direkte Sprechen als ästhetisch peinlich erscheinen ließ und ihn fast ausschließlich den indirekten, den ironischen und anspielungsreichen Formen des Epischen geneigt machte.


DODERERS SÜDSLAWISCHE LÄNDER UND LEUTE
Ivo RUNTIĆ (Universität Zagreb)

Dieser Text zeichnet einige der südslawisch und zentrifugal gestreuten Lokalitäten der sonst in allem wienbezogenen Handlung bei Heimito v. Doderer nach. Der Verfasser tut dies, um zu zeigen, wie diese Punkte beim Autor fast ausnahmslos kein motivisches Gefälle darstellen, vielmehr im Umfeld der "öster- reichischen" Ereignishaftigkeit der zitierten Romane frei schweben in der gleichsam deutungslosen Darstellung der Vorkriegstopographie der Kronländer der Monarchie. Gemäß dem Erzählplan bei Doderer werden nämlich Wirklichkeiten nicht entdeckt, vielmehr auch dort konstruiert, wo sie vorgegeben sind, um mit einer Darstellung der menschlichen Unwissenheit zu dunklen Punkten einiger nicht perzipierter Ursächlichkeiten des Lebens verwoben zu werden.


DER BOCKERER UND DER HERR KARL. DAS ÖSTERREICHISCHE VOLKSSTÜCK IN DEN ERSTEN BEIDEN NACHKRIEGS­JAHRZEHNTEN
Marijan BOBINAC (Universität Zagreb)

An zwei repräsentativen österreichischen Stücken, dem Bockerer (1946) von Becher/Preses und dem Herrn Karl (1961) von Qualtinger/Merz, versucht der Vf. auf die Kontinuität des anspruchsvollen Volksstücks in den ersten beiden Nach­kriegsjahrzehnten aufmerksam zu machen. Indem er des weiteren auch die inhaltlichen und formalen Aspekte der beiden Texte, und insbesondere ihre Bühnenrezeption erörtert, stellt er fest, dass sie verschiedenen Grundtypen der Gattung Volksstück zuzurechnen sind: Der Bockerer ihrer traditionell-vitalistischen, Der Herr Karl ihrer kritischen, mythenzerstörenden Abart.


GERNOT WOLFGRUBER: VERSUCH EINER BILANZ
Dragutin HORVAT (Universität Zagreb)

Um ein Porträt des zeitgenössischen österreichischen Epikers Gernot Wolfgruber (1944) bemüht, verfolgt der Verfasser die Entwicklung dieses Autors von seinen ersten Veröffentlichungen, die sich in gleicher Weise den traditionsreichen Typen der Heimatliteratur bzw. des Entwicklungs­romans wie auch der modernen Erzählstrategie der sog. 'Jeans-Prosa' verpflichtet fühlen, bis zu seinen bisher letzten Texten, in denen sich Wolfgruber immer deutlicher als ein an der minuziösen psychologischen Schilderung seiner 'unangepassten Helden' interessierter Erzähler zu erkennen gibt.


HANDKES EPISCHE SPIEGEL
Ulrich DRONSKE (Universität Zagreb)

Der vorliegende Text setzt sich mit einigen Geschichten aus dem Handkeschen Erzählband Noch einmal für Thukydides auseinander. Es geht dabei um eine Lektüre, die sich mit dem Imaginären der von Peter Handke intendierten erzählerischen Rettung erfüllter Augenblicke auseinandersetzt, und zwar dadurch, dass sie die Geschichten dieses Autors als Spiegel-Schriften liest. Die ineinander sich reflektierenden Bilder dieser Texte lösen sich dabei in dem Maße auf, wie sie letztlich nur dazu noch dienen, die Handkesche Erzählkunst selbst zu bebildern.


DEUTSCHE SPRACHE IM DICTIONARIVM VON FAUSTUS VERANTIUS
Stanko ŽEPIĆ (Universität Zagreb)

Vrančićs Dictionarium zeichnet sich durch viele westoberdeutsche Wörter und andere westober- deutsche Merkmale aus, die in der deutschen Sprache kroatischer Schriftsteller sonst nicht vorkommen. Teilweise sind sie aus dem Dictionarium Latinogermanicum von Cholinus und Frisius übernommen, teilweise aber scheinen sie von Vrančićs alemannischen Informanten zu stammen, die, wie der Verf. vermutet, als Angehörige der Wiedertäufersekte aus ihrer schweizerischen Heimat vertrieben, sich in Mähren und der Westslowakei niederließen, so daß Vrančić in Preßburg, wo er das Dictionarium zusammenstellte, mit ihnen in Kontakt kommen konnte. Von der im ostoberdeutschen Raum nicht üblichen Sprache des Dictionariums zeugt auch Lodereckers Bearbeitung, der in einem zehn Jahre jüngeren Nachdruck Vrančićs Deutsch in ein in Österreich geläufiges Deutsch "übersetzte".


TEXT UND TITEL
Zrinjka GLOVACKI-BERNARDI (Universität Zagreb)

Titel von Kurzgeschichten und Zeitschriftenartikeln werden nach formal-syntaktischen, stillistischen und kommunikativ-funktionalen Kriterien analysiert. Die Analyse zeigt, dass die Struktur der Kurz- geschichtentitel schematisiert ist und dass die kommunikativ-funktionalen Signale (vor allem Konnota- tionen) von besonderer Bedeutung sind. Die Titel der Zeitschriftenartikel werden sowohl syntaktisch wie auch stillistisch nach unterschiedlichen Mustern unter Berücksichtigung der information­sübermittelnden Funktion strukturiert.


POSTULAT ODER UTOPIE? ANMERKUNGEN ZUR FRAGE EINER RÜCKKEHR INS 'LESELAND'
Karl STOCKER (Universität München)

Angesichts des überaus reichen Medienangebotes stellt sich häufig die Frage nach der "Rettung" des Lesens. Der Vf. weist demgegenüber darauf hin dass eine prinzipielle Gegensätzlichkeit von Lese- und Medienkultur nicht besteht, sowie dass man sich um einen Ausgleich bemühen müsste. Ausgehend von den Ergebnissen seiner Beschäftigung sowohl mit der Literatur- als auch der Mediendidaktik vertritt er die Meinung, dass sich die neuen Sehgewohnheiten im Hinblick auf neue Lesegewohnheiten anwenden lassen. Darin erblickt er auch eine Möglichkeit für die interkulturelle Verstehensforschung und stellt in diesem Zusammenhang ein Denk-Modell in Frageform vor.


DES SOLDATEN ALLERLEI EIN FRÜHES DaF-LEHRWERK AUS KROATIEN
Maja HÄUSLER (Universität Zagreb)

Dargestellt wird ein kroatisch-deutsches Konversationsbuch aus dem Jahr 1761, das den im 7jährigen Krieg in die preußische Gefangenschaft geratenen kroatischen Soldaten zugedacht war. Mit seinen kontrastiv angelegten und auf geringen Vorkenntnissen der Adressaten aufbauenden theoretischen Ausführungen, in der Auswahl und der didaktischen Strukturierung des Sprachmaterials ist das Lehrwerk auf die Verständigungsbedürfnisse und den Erfahrungshorizont dieser Lernergruppe zugeschnitten. Als Vorlage dürfte der im süddeutschen Einflussgebiet beheimatete Verfasser unter anderem eine der Veneroni-Ausgaben benutzt haben.


DIE DEUTSCHSPRACHIGE PUBLIZISTIK UND LESER IN ZAGREB VON 1750-1800
Daniela ŽIVKOVIĆ (Universität Zagreb)

Die Zielsetzung dieser Arbeit besteht darin, die Rolle der deutschen Sprache und die deutschsprachige Publizistik in Zagreb in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zu erforschen. Die Arbeit enthält "Eine Bibliographie der in Zagreb von 1750 bis 1800 veröffentlichten deutschsprachigen Werke". Die geschichtlichen Umstände jener Zeit und die Struktur der Einwohner von Zagreb mit besonderer Rücksicht auf die potentiellen Leser deutschsprachiger Werke werden dargestellt, ein kurzer Abriss des Buchwesens in Zagreb wird ebenfalls gegeben. Von 1750 bis 1774 gab es in Zagreb nur eine und von 1775 bis zum Ende des Jahrhunderts zwei Druckereien.