Bianca Bican, Universität Cluj-Napoca
Ethnische Selbst- und Fremdbilder in Literatur und Literaturverfilmung. Der geköpfte Hahn – Eginald Schlattner (1998)/ Radu Gabrea (2008)
Mit dem 1998 publizierten Roman Der geköpfte Hahn (Wien: Zsolnay) greift der siebenbürgisch-deutsche Schriftsteller Eginald Schlattner ein Thema auf, das in Rumänien bis zur Wende ein politisches und soziales Tabu gewesen war: die zunehmende Hinwendung der Deutschen in Siebenbürgen zu der faschistischen Ideologie und damit ihre Mitschuld an den Ereignissen der Nachkriegszeit. Schlattner zeichnet durch die Augen seines jungen Protagonisten überzeugend nach, wie sich das Verhältnis der unterschiedlichen Ethnien in der Kleinstadt Fogarasch/Fagaras zueinander ändert, wie der Krieg eine bis dahin harmonische Gesellschaft in Freund und Feind spaltet.
Zehn Jahre danach hat der rumänische Regisseur Radu Gabrea den Roman mit einer internationalen Besetzung verfilmt; Teilnahme an Filmfestivals, befürwortende Kritiken und wiederholte Ausstrahlungen in öffentlich-rechtlichen Sendern belegen die Erfolgsgeschichte dieser Romanverfilmung.
In meinem Beitrag möchte ich die Darstellung der verschiedenen, mit- und nebeneinander lebenden Völkergruppen im Roman und in der Verfilmung untersuchen, wobei Oberbegriffe wie Identität und Alterität in der intermedialen Gegenüberstellung austauschbar sind, weil die Aktanten des Rezeptionsprozesses (der Autor, der Regisseur und die Schauspieler) verschiedenen Kulturen einzuordnen sind. Damit ergibt sich eine spannungsvolle interethnische und implizit auch interkulturelle Konstellation, die unterschiedliche Publikumserwartungen einzulösen hatte und hierfür auch das differenzierte Vorwissen eines deutschsprachigen bzw. eines rumänischen Zielpublikums berücksichtigen musste.